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Vom Bagger im Nachbargarten überrascht

Artikel aus der Böblinger Kreiszeitung vom 12. September 2023

Unsere Landesbauministerin Frau Nicole Razavi hat es sich ja zum Ziel gesetzt die Landesbauordnung zu vereinfachen, damit mehr Häuser und Wohnungen gebaut werden. Diese Ankündigung hören wir seit Jahrzehnten immer wieder von den zuständigen Ministern auf Landes- und auf Bundesebene und passieren tut immer das gleiche aus meiner Sicht: Eine Vorschrift wird abgeschafft und dafür gibt es dann zwei Neue. So etwas nenne ich persönlich nicht eine Vereinfachung. Wir haben zu diesem Thema der Novelle der Landesbauordnung auch schon vor wenigen Wochen einen Artikel und entsprechenden Kommentar auf unserer Homepage eingestellt. 

Dass nun Nachbarn nicht mehr gehört werden sollen, wenn gebaut werden soll, ist sicher nicht korrekt. Ich kann auch nicht erkennen für was das gut sein soll, das Genehmigungsverfahren wird dadurch nicht kürzer und auch nicht einfacher. 

Für uns bei Bauconcept ist es ein großes Ärgernis, dass aufgrund der Datenschutzverordnung seit einigen Jahren der Vermessungsingenieur der den Lageplan erstellt im Grundbuch nicht mehr die Adressen der angrenzenden Nachbarn erheben darf. Das hatte uns die Möglichkeit gegeben die Nachbarn anzusprechen und rechtzeitig zu informieren was wir bauen wollen. Das hat bereits von Anfang an für eine positive Stimmung zwischen den Nachbarn und uns geführt. Dies ist nun nicht mehr möglich und viele Grundstücksverkäufer wissen nicht, wem die angrenzenden Grundstücke gemäß Grundbuch gehören und können uns daher die Informationen nicht geben. Jetzt führt die Nachbaranhörung die jeweilige Gemeinde durch und darf dann selbstverständlich uns auch nicht die Adressen geben und dann bekommen die Nachbarn in der Regel einen Schreck, weil die Nachbaranhörung per Zustellungsurkunde kommt, die man sonst nur sehr selten im Leben bekommt, wenn man beispielsweise einen Strafzettel wegen Falschparkens oder zu schnellen Fahrens nicht bezahlt hat. 

Die Nachbarn haben dann ab Zustellung des Briefs vier Wochen Zeit beim Rathaus vorbeizugehen um sich die Pläne anzuschauen. In aller Regel ist es dann auch so, dass je nach Gemeindegröße der Technische Ausschuss oder die Gesamtgemeinderäte über den Bauantrag zu entscheiden hat und dann wollen die Gemeinderatsmitglieder wissen, was die Nachbarn für Einwendungen hatten. Üblicherweise wollen die Gemeinderäte diese Information haben um direkt abwägen zu können. Für den Fall, der sehr selten vorkommt, dass ein Gemeinderatsgremium eine falsche Entscheidung getroffen hat, d. h. die Zustimmung zum Bauantrag, obwohl diese hätte aufgrund der Gesetzeslage erteilt werden müssen, nicht gegeben hat, wird die Entscheidung von der übergeordneten Behörde aufgehoben.

Bei Städten mit eigener Genehmigungshoheit ist der Fall der gleiche, allerdings ist dort die übergeordnete Behörde das Regierungspräsidium. 

Ich kann mich nicht erinnern, dass Bauconcept jemals eine Baugenehmigung bekommen hat, wenn nachbarschützende Vorschriften tangiert worden sind. Nach meinem Kenntnisstand der Rechtslage darf eine Baugenehmigungsbehörde in diesem Fall gar nicht genehmigen, wenn nachbarschützende Vorschriften tangiert sind. 

Wenn die Genehmigungsbehörde der Auffassung ist, dass die Nachbareinwendungen nicht korrekt sind, werden diese im Zuge der Baugenehmigung zurückgewiesen und dann bekommt der Einspruch einlegende Nachbar eine Kopie der Baugenehmigung und dann kann er nachlesen, warum die Baurechtsbehörde seinen Einspruch zurückgewiesen hat. Wenn er damit nicht einverstanden ist, muss er vor das Verwaltungsgericht ziehen, wenn auch das Regierungspräsidium seinen Einspruch zurückgewiesen hat. 

Wenn dies nun neu geregelt werden soll, wäre der Nachbar überrascht, wenn plötzlich ein Bagger da steht und arbeitet, er nicht weiß was gebaut werden soll und muss dann die Unterlagen irgendwoher besorgen, wahrscheinlich beim Bauamt, und dann noch schnell zu einem spezialisierten Anwalt laufen und diesen bitten ein Gerichtsverfahren anzustrengen. Das ist für den Nachbarn, allerdings auch für denjenigen der bauen lässt, eine sehr unglückliche Lösung, da dann leider ein dauerhafter Nachbarschaftsstreit vorprogrammiert ist, das kann niemand ernsthaft wollen. Derjenige der bauen will muss dann womöglich nach wenigen Wochen die Bauarbeiten einstellen wegen einer richterlichen Verfügung und dann wird erst in einigen Monaten beim Verwaltungsgericht darüber entschieden wer Recht hat. Bauconcept müsste dann in diesem Fall seine Kunden informieren, dass jetzt gegen die Baugenehmigung vorgegangen wird und dass der Bau eingestellt wird auf unbestimmte Zeit. In so eine Situation wollen wir uns gesichert nicht bringen. 

Bleibt zu hoffen, dass unsere Landesregierung einsichtig ist und diesen Weg nicht geht, da er definitiv keine Besserung bringt, sondern hier ist - meines Erachtens nach - der Ärger vorprogrammiert. 

Gärtringen, den 13. September 2023

Bernd Geisel, Bauconcept Projektentwicklung GmbH

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