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Land treibt Digitalisierung baurechtlicher Verfahren voran

Pressemitteilung des Landes Baden-Württemberg vom 20. September 2023

Jetzt ist es offiziell, unser Landeskabinett hat den Gesetzentwurf zur Digitalisierung baurechtlicher Verfahren beschlossen und „Verbesserungen“ in der Landesbauordnung. 

Das Landratsamt Böblingen macht hier bei dem „Testverfahren“ mit und ich durfte deshalb schon Erfahrungen damit sammeln. Es ist so, wie ich es befürchtet habe und wie ich es schon mehrfach geschrieben hatte, es bedeutet Mehrarbeit und vereinfacht zumindest bei den Leuten, die Bauanträge stellen, eigentlich nichts und bringt keine Zeitersparnis, so ist meine bisherige Erfahrung.

Ob es amtsintern auf den Bauämtern zu einer „Arbeitsersparnis“ führt, kann ich nicht wirklich beurteilen. Nachdem, was ich bislang „mitbekommen“ habe, ist auch dies nicht der Fall. 

Wenn im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens, selbst wenn nur für Bauconcept Einfamilienhäuser genehmigt werden sollen, sind bei der Baurechtsbehörde sehr viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einbezogen, die diesen Bauantrag prüfen. Das beginnt beim Baurechtler und geht weiter zur zuständigen Kreisbaumeisterin, Brandschutzfachleuten, Wasserwirtschaftsamt, Umweltamt, um nur ein paar beispielhafte Abteilungen zu nennen. 

Wenn der Bauantrag auf Papier eingereicht wird, dann wird er von einem Mitarbeiter / einer Mitarbeiterin zum / zur anderen weitergegeben nach abgeschlossener Bearbeitung, dann können nicht gleichzeitig 6 oder 7 Beteiligte auf dem Bildschirm den Bauantrag  aufrufen und bearbeiten. Das klingt zunächst logisch, d. h. dieses Beschleunigungsverfahren, es ist aber zumindest nicht ganz richtig, was hierzu geschrieben wird, aus nachfolgendem Grund: 

Es gibt eine Reihenfolge, in der ein solcher Bauantrag geprüft wird und das hat sich bewährt. Wenn z. B. der Baurechtler sagt, es ist nicht genehmigungsfähig, weil es z. B. grobe oder große Verstöße gegen den Bebauungsplan gibt, für die keine Befreiung erteilt werden kann, erübrigt sich das Engagement zur Prüfung des Antrags der anderen Verfahrensbeteiligten. 

Es gibt auch keine Zeitverzögerung, wenn ein Bauantrag bei einer Kommune „auf Papier“ abgegeben wird, bis dieser dann dem Amt für Bauen und Umwelt beim Landratsamt Böblingen eintrifft. 

In den Gemeinden, in denen wir bislang gebaut haben in den letzten 36 Jahren, hat die Gemeinde den Bauantrag innerhalb von 2 – 3 Tagen dem Amtsboten mitgegeben, der sowieso 2 – 3 Mal in der Woche zum Landratsamt fährt, d. h. hier sind keine 24 Stunden eingespart.

Bei den Bauämtern in den Kommunen, beim Amt für Bauen- und Umwelt, beim Landratsamt Böblingen, sitzen die Sachbearbeiter nicht rum und warten darauf, dass endlich ein Bauantrag kommt, um diesen gleich zu bearbeiten, d. h. dieser wird keine Minute eher bearbeitet als der Papierantrag, weil eine Bearbeitung immer erst dann stattfinden kann, wenn die entsprechende Zeit beim Bauamt beim jeweiligen Sachbearbeiter / Sachbearbeiterin da ist.

Wo die Nachteile liegen, wenn auf die Nachbarbeteiligung verzichtet wird, hatte ich erst vor wenigen Tagen auf unserer Homepage kommentiert. Diese Idee ist eine ganz schlechte und führt zu wesentlich mehr Nach- als Vorteilen.

Die Nachbarbeteiligung führt nicht zu einer zeitlichen Verzögerung bei der Genehmigung eines Bauvorhabens, denn diese dauert genau 4 Wochen und während dieser Zeit können alle Behörden den Bauantrag bereits prüfen, was in aller Regel auch so geschieht.

Ob ich eine Baugenehmigung per Post oder per Mail bekomme, macht einen Zeitunterschied von maximal 48 Stunden.

Was ganz kritisch zu sehen ist, ist, dass im Zuge des Bauantrags vom Bauantragsteller seitig aus Befreiungen beantragt werden müssen.

Ich für meine Person denke, dass ich mich ganz gut im Baurecht auskenne. Ich würde mir aber nie anmaßen, soviel vom Baurecht zu verstehen wie die „Baurechtler“ in den Bauämtern. Das heißt, ich kann nicht sicherstellen, dass wir alle Befreiungen vollständig beantragen, die tatsächlich erforderlich sind und den meisten unserer Mitbewerber wird es gleich gehen.

Ich bin mir ganz sicher, dass, wenn dies so bleibt in der novellierten LBO, dies zu großen Problemen führt und zu Rechtsstreiten, die eigentlich niemand im Baugenehmigungsverfahren brauchen kann. So etwas führt dann zu großen Zeitverzögerungen anstatt zu einer Beschleunigung. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir in den letzten 36 Jahren auch nur ein Bauvorhaben im Bereich eines bestehenden Bebauungsplans genehmigt bekommen haben ohne Befreiungen. Das ist also der Regelfall und nicht die Ausnahme.

Wollen wir hoffen, dass noch Praktiker am abschließenden verordnungsgebenden Verfahren teilnehmen, die das Ganze noch in die richtige Richtung gelenkt bekommen. 

Bleiben Sie gesund.

Gärtringen, den 21. September 2023

Bernd Geisel, Bauconcept Projektentwicklung GmbH

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