Aktuelles / Pressespiegel
Das Bauen der Zukunft
Artikel aus der Stuttgarter Zeitung vom 7. / 8. Oktober 2023 von Herrn Prof. Werner Sobek
Die Verdienste von Herrn Prof. Sobek sind sicher unbestritten als Nachfolger von Herrn Frei Otto vom Institut für leichte Flächentragwerke der Universität Stuttgart, er hat viele Dinge vorangebracht die wichtig waren. Aber erst seit wenigen Jahren befasst er sich mit dem Thema Energieeinsparung bei Gebäuden bzw. Energie-Plus-Gebäuden, z. B. ein modernes kleines Einfamilienhaus auf dem Killesberg in Stuttgart, das mehr Energie erzeugt als verbraucht wird.
Man soll ressourcenschonend bauen, aber hierzu passiert recht wenig in Deutschland. Wie es auf dem Rest der Welt aussieht, zumindest in Europa weiß ich es nicht, ob wir Nachzügler sind oder etwas weiter wie unsere europäischen Nachbarn.
Herr Prof. Sobek mahnt an, dass wir mit den Ressourcen schonend umgehen müssen, weil die Weltbevölkerung erheblich wächst, damit hat er Recht. Aber dieses Thema war bis vor wenigen Jahren nicht mehrheitsfähig. Unsere Politiker haben hier nicht wirklich etwas vorangebracht, weil wir als Wähler das auch nicht in dem Maße gefordert haben, d. h. entsprechenden Einfluss ausgeübt wurde auf der politischen Ebene.
Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt dann wurde begonnen umzudenken, was die Erzeugung und der Verbrauch von Energie betrifft, als der Atomunfall in Fukushima war. Damals hatten wir dann auch beschlossen Kernkraftwerke schnellstmöglich still zu legen ebenso wie Braunkohlekraftwerke und dass wir die erneuerbaren Energien ausbauen wollen.
Die Atomkraftwerke sind nun abgeschaltet, der Braukohleausstieg steht kurz bevor, der Ausbau der erneuerbaren Energien geht nur schleppend voran, was unterschiedlichste Gründe hat. Das Dilemma ist, der Eine schiebt es auf den Anderen, weil es nicht mit dem notwendigen Tempo vorangeht.
Ob in Baden-Württemberg und Bayern bis 2030 oder noch später die Windkraftanlagen gebaut sind, die schon längst hätten gebaut werden müssen, glaube ich eher nicht. Jetzt sind wir alle zusammen 10 Jahre älter, nach Fukushima und der Landkreis Böblingen hat nach wie vor ein einziges Windrad in Oberjettingen vor der Kreisgrenze zu Nagold. Dieses Windrad ist mindestens 20 eher 25 Jahre alt und im Vergleich zu neuen Windkraftanlagen ein „Zwerg“. Wie jüngst in der Böblinger Kreiszeitung zu lesen war, gibt es nun Überlegungen dieses kleine alte Windkraftrad gegen 5 oder 6 neue große Windkraftanlagen auszutauschen.
Das Thema absinkender Grundwasserspiegel und dem richtigen „Umgang“ mit Niederschlägen, statt Einleitung in die Meere, hat bislang bei uns in Deutschland auch keinen Stellenwert gehabt, es fängt jetzt an, erste „zarte Anzeichen“ kamen mit dem neuen Wassergesetz am 1. Januar 2014. Das was im Gesetz steht wird nur sehr begrenzt „wahrgenommen“, aber bis vor 2 / 3 Jahren war die Niederschlagsmengenkartierung und die Ausweisung von Überflutungsflächen deutlich hinterher und ist eigentlich erst jetzt einigermaßen in allen Kommunen in unserer Region so weit, dass es verlässliche Zahlen gibt, die beim Wasserwirtschaftsamt im Landkreis Böblingen abgerufen werden können, damit man weiß, wo es zu Überflutungen kommen wird bei den nächsten Starkregenereignissen, wo entsprechende Maßnahmen ergriffen werden können bzw. müssen um Menschen und Gebäude zu schützen.
Ein konsequenter Umgang mit Oberflächenwasser um dieses zur Bewässerung zu nutzen bzw. es versickern zu lassen, damit der Grundwasserspiegel sich wieder erhöht, ist immer noch nicht konsequent umgesetzt, diese Dinge beginnen jetzt erst seit 2023, wenn man ein neues Baugebiet entwickelt - das Bauconcept im Rahmen von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen seit Ende der 90 er Jahre macht – muss man nachweisen, dass man das Oberflächenwasser so verwendet, dass es nicht bzw. nur deutlich reduziert in das Mischwasserkanalsystem der jeweiligen Kommune eingeleitet wird.
Das Einleiten von Oberflächenwasser in Regenwasserkanäle, die dann irgendwo in einem Bach oder Fluss enden, ist nach wie vor nahezu uneingeschränkt möglich. Was wenn es aus einer Neubebauung kommt nicht richtig ist. Dass unsere Bäche und Flüsse das Oberflächenwasser bekommen aus nicht versiegelten Flächen im Außenbereich, wenn eine direkte Zuleitung in das Kanalnetz in der Regel nicht möglich und auch nicht sinnvoll ist, z. B. von landwirtschaftlichen Flächen oder Wäldern „bringt“ ist das genug Wasser für unsere Bäche und Flüsse.
Was mir beim Artikel von Herrn Prof. Sobek ganz entscheidend fehlt ist das Thema Nachhaltigkeit in Richtung Qualität der Gebäude und deren Langlebigkeit. Einzelhandelsimmobilien haben heute noch eine Lebenserwartung von 25 / 30 Jahren, bei Bürogebäuden nicht viel länger, das ist das entscheidende Problem, wir müssen Gebäude erstellen die lange haltbar sind und unterschiedlich genutzt werden können. Die Materialen dazu haben wir und wenn wir es jetzt noch schaffen den Energiebedarf der Gips-, Kalk-, Zement- und Stahlwerke, so wie der chemischen Industrie, durch Strom aus Windkraft zu ersetzen oder durch grünen Wasserstoff, ist die CO2-Bilanz durch das Bauen auf einen Schlag um 2/3 verbessert.
Dass wir Baustoffe wiederzuwenden haben ist seit Jahren gesetzlich so geregelt und die neue Mantelverordnung, die zum 1. August 2023 in Kraft getreten ist, die aber schon zwei Jahre zuvor Gesetz wurde zwingt diese Dinge zu tun, wobei Recycling vor Ort, bei kleineren Bauvorhaben, nicht mehr wirklich zugelassen ist, was ein grober Fehler in diesem Gesetz ist und hoffentlich bald durch entsprechende Richtlinien der einzelnen Bundesländer und der Landratsämter korrigiert wird, sodass wir künftig Beton und Steinbruch aus einem alten Gebäude, das wir rückbauen, nicht 100 km mit einem 40 Tonner dieselbetriebenen Lkw zum Betonbrecher / Recycling fahren müssen und dann holen wir es dort wieder ab statt es wie bislang vor Ort zu recyceln.
Das ist der gleiche Unsinn wie dafür einzustehen, nur noch mit Holz zu bauen, das wir aus den ehemaligen Sowjetrepubliken und aus Finnland importieren und das „merkwürdigerweise“ nicht mit dem Lastenfahrrad zu uns kommt, sondern mit dieselbetriebenen Lkws. Dies ist unter einer sinnvollen Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit sicher nicht zu verstehen, aber so wird es uns heute von den Politikern dargestellt, ob diese nun im Landwirtschaftsministerium in Stuttgart sitzen oder in Berlin.
Der letzte Satz des Artikels von Prof. Sobek hat mir sehr gut gefallen. Er hat hier seine Meinung geändert in die richtige Richtung, dass es keinen Sinn macht die Außenwände eines neuen Reihen-, Doppel- oder Kettenhauses, eines freistehenden Einfamilienhauseses oder auch eines 6- oder 10-Familienhauses, 50 cm dick zu machen um nochmal theoretisch 5 % Energie zu sparen, da die Herstellung dieses Dämmstoffes für die 50 cm starke Wand viel mehr Energie verbraucht wie während der Nutzung des Gebäudes eingespart werden kann.
Bleibt zu hoffen, dass nun viele Landes- und Bundespolitiker einen solchen Artikel lesen und auch so handeln wie die von Herrn Prof. Sobek beschriebenen Punkte / Fakten.
Bleiben Sie gesund.
Gärtringen, den 10. Oktober 2023
Bernd Geisel, Bauconcept Projektentwicklung GmbH