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„Auf dem Holzweg“

Artikel aus der Zeitschrift Gebäude-Energieberater 1/2023

Nahezu täglich berichtet die Tagespresse davon, dass wir dringendst Holzhäuser bauen sollen, um mit einem nachwachsenden Baustoff zu arbeiten, um auf den ökologisch richtigen Weg zu kommen. 

Ich für meinen Teil war immer skeptisch, ob dies tatsächlich wirklich der einzige sinnvolle Weg ist. Wobei außer Frage steht, dass wir künftig Baumaterialien brauchen damit wir nachhaltige Gebäude erstellen können. Bislang gibt es hier sehr wenig und ich sehe auch von den großen Baustoffherstellern nicht wirklich eine Neigung die entscheidenden Schritte in die richtige Richtung zu machen.

Bei unseren Häusern mit Satteldach ist der Dachstuhl selbstverständlich aus Holz. Der Außenwandstein, den wir bei unseren Häusern verarbeiten, ist ein Holzspanstein, d. h. die Außenschale des Steines besteht aus einem Holzzementgemisch. Wobei dieses Holz, ebenso wie das was wir für die Dachstühle verwenden, aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt.

Was ich nun am Wochenende im beiliegenden Artikel gelesen habe, darüber bin ich doch offen gesagt erschrocken. Die Holzeinschlagmenge in Deutschland ist in den letzten 23 Jahren erheblich gestiegen - um mehr als 100 % -  in den letzten 5 Jahren ca. 12 % pro Jahr, d. h. obwohl wir eines der waldreichsten Länder in Europa sind müssen wir derzeit schon Holz importieren und zwar mehr als die Menge die wir selbst erzeugen können. Der Verfasser des Artikels kommt deshalb zu der Auffassung, dass wir eine zu intensive Holznutzung heute schon haben. 

Erschreckend ist auch die Zahl, dass 2021 bereits 75 % des Einschlags von Holz bei uns in Deutschland sogenanntes Kalamitätenholz ist, d. h. Holz das gefällt werden muss wegen Windbruch, Wassermangel und wegen Schädlingsbefall.

Durch die verringerten Erlöse beim Verkauf des sogenannten Kalamitätenholzes wird es insbesondere für private Waldbesitzer schwer wieder aufzuforsten und beim Aufforsten gleich zu berücksichtigen, dass wir neue Baumarten brauchen die hitzeresistenter sind und die deshalb längere Trockenphasen überleben können.

Der Autor des Artikels befürchtet auch zu Recht, dass durch die Beschlüsse zur Biodiversität, die in Montreal vor wenigen Wochen gefasst wurden, eine geringere Nutzung von Waldflächen in Deutschland für die Forstwirtschaft zur Folge haben, da geschützte Waldflächen nicht für eine Bewirtschaftung genutzt werden können (derzeit 10 % Vorgabe bis 2030 ≙ 30 %). 

Unter der Rubrik „Bauwende ohne Konzept“ führt der Autor aus, dass wir bislang jedenfalls auch im Bereich reduzierende CO₂-Emissionen dies falsch angegangen sind. Der Autor vertritt auch die Auffassung, dass der Holzbau zu 85 % vom kostengünstigen Fertighaus umgesetzt wird, da Fertighäuser überwiegend aus Holz bestehen, das ist nicht wirklich Neues und das Programm mit dem Frau von der Leyen als Präsidentin der EU-Kommission 3 Milliarden Bäume pflanzen will auch. Anscheinend wollen wir hier bei uns in Deutschland „jetzt“ 500 Millionen Bäume pflanzen.

Recht interessant ist auch die Stellungnahme zum Bauhaus der Weimarer Zeit. Unter dem Punkt „Ein Problem wird erzeugt“ wird sehr anschaulich ausgeführt, wie unterschiedlich doch Zahlen „betrachtet“ werden können und was daraus für falsche Handlungsweisen entstehen.

Unter der Überschrift „Holz kann Beton nicht ersetzen“ ist sehr anschaulich dargestellt was passiert, wenn wir denken jeder Neubau ist aus Holz zu erstellen. Das heißt das meiste von dem was uns in den letzten 3 - 4 Jahren von „höchster Ebene“ mitgeteilt wurde, auf was wir zu achten haben, d. h. dass wir wesentlich mehr Holzbau brauchen, basierte auf Zahlen die nicht alle Umstände, die von großer Relevanz sind, berücksichtigt haben.

Dass neu gepflanzte Bäume aufgrund ihres langsamen Wachstums viele Jahrzehnte brauchen um wieder CO₂ zu binden, wie ein vorhandener intakter Wald / Baum, kann jeder von uns nachvollziehen.

Ganz erschrocken bin ich was passiert, wenn die deutsche Chemieindustrie ihre Pläne zur Dekarbonisierung ihrer Branche umsetzt. Ich lese hier zum ersten Mal, dass es völlig illusorisch ist, d. h. dass wir bei uns in Europa gar nicht so viele Wälder bewirtschaften können um diesen Bedarf zu decken. Die Folge: wir führen dann wieder Holz ein aus Südamerika und Asien, was dann mit dem Ruderboot zu uns nach Deutschland kommt emissionsfrei. Das Fazit das Herr Eicke-Hennig hier zieht ist vernichtend, d. h. wenn wir tatsächlich so vorgehen droht eine weltweite Entwaldung mit allen negativen Folgen.

Ich bin mir sicher, dass diese Entwicklung politisch nirgendwo auf der Welt mitgetragen wird, d. h. hier wird die Politik, weil sie es auch muss, ganz entschieden dies verhindern und dann bauen wir Holzhäuser nur maximal im derzeitigen Umfang. 

Um es salopp auszudrücken: das war es dann mit dem Holzbau, obwohl dies nach wie vor von unserer Landesregierung und vom Bundesbauministerium priorisiert wird. Auch von der Architektenkammer Baden-Württemberg bei der ich Mitglied bin. Ganz offen gesagt ich hatte die Problematik vor dem lesen dieses Artikels bei weitem nicht in dieser Tiefe gekannt und in meine Überlegungen miteinbezogen. 

Unter der Rubrik „CO₂-Einsparung durch Holzbau“ wird auf eine Studie verwiesen, die vergleichende Untersuchungen vorgenommen hat, wobei wohl ein ganz entscheidender Punkt ist, dass auf einen Keller verzichtet werden soll. Dies ist aus Kostengründen schon längst sinnvoll, dass es jetzt auch ökologisch wichtig ist, ist sehr erfreulich. Weiter erfreulich ist, dass auch hier wohl die Lösung für die Zukunft in der Symbiose liegt. 

Schade ist, dass für den nachhaltigen Holzbau immer noch ein Konzept fehlt aus Sicht des Verfassers, nicht nur für das Recycling und die Kaskadennutzung, weil hier noch auf Verbrennung gesetzt wird damit der CO₂ Speicher Holz am Ende der Nutzungsphase nicht annulliert wird wie bislang.

Bleiben Sie gesund.

Gärtringen, den 31. Januar 2023

Bernd Geisel, Bauconcept Projektentwicklung GmbH

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